Vom elastischen Gewebe zum Medizinprodukt: die Geschichte von Thuasne®

Thuasne® etablierte sich von Anfang an als industrieller Vorreiter. Die Gruppe hat sich vom Hersteller elastischer Gewebe zu einem der weltweit führenden Produktanbieter in den Bereichen Orthopädie und medizinische Kompression entwickelt.

Ein Industrieabenteuer à la française


Im Jahr 1847 wurde im Norden Frankreichs ein Unternehmen gegründet, das sich später zur Thuasne®-Gruppe entwickelte. Das Familienunternehmen konzentrierte sich auf die Fertigung elastischer Textilien, einer innovativen und seltenen Technologie im Bekleidungsbereich. Dieser Innovationsgeist und das industrielle Know-how brachten dem Unternehmen unter anderem eine Auszeichnung auf der Weltausstellung in Paris im Jahr 1900 ein.

1911 zerstörte ein Brand das Werk in Quévauvillers (Frankreich) im Departement Somme. Maurice Thuasne, damals 27-jähriger Textilingenieur, übernahm die Führung des Unternehmens und erwarb ein Werk in Saint-Étienne, im Herzen der französischen Textilindustrie.

Während des Ersten Weltkriegs erkannte er, was Wadenbinden(1) bei der Wundversorgung von Soldaten bewirken können, und zeigte, welchen Beitrag eine elastische Kompression zum Heilungsprozess leisten kann. Maurice Thuasne richtete seine Tätigkeit anschließend auf die Herstellung elastischer medizinischer Binden aus. Diese strategische Entscheidung sicherte die Unabhängigkeit und Zukunftsfähigkeit des Unternehmens.

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Rehabilitation: Der rote Faden bei Thuasne®


Schon in den 1930er-Jahren stellte Thuasne® die Rehabilitation in den Mittelpunkt seiner Mission. Ausgehend von empirischen Beobachtungen, die später durch klinische Studien bestätigt wurden, konnte Maurice Thuasne die Vorteile von Kompressionstextilien zeigen und leitete damit die Ära der therapeutischen, elastischen Kompressionstextilien ein.

Die Anwendung wurde schnell auf die Behandlung von Rückenschmerzen ausgeweitet, und eine neue Generation nichtmedikamentöser Gesundheitslösungen entstand: standardisierte, leichtere und besser tragbare Rücken-, Brust- und Bauchgurte. So wurde 1953 die Wickelbandage Cemen entwickelt, gefolgt vom ersten Lendengurt TH144 im Jahr 1969. Als Pionier in der klinischen Prüfung seiner Produkte blieb Thuasne® weiter innovativ – unter anderem mit patentierten Technologien wie dem Combitex-Gewebe – und ist seit 75 Jahren unangefochtener Marktführer in Frankreich.


In den 1950er-Jahren arbeitete Thuasne® eng mit Ärzten zusammen, um geeignete Lösungen zu entwickeln, ihre Wirksamkeit zu validieren und ihre Rückerstattung durch die Krankenversicherung zu ermöglichen. Biflex-Binden, Neoplastex-Binden und Rückengurte waren nun erstattungsfähig. Gleichzeitig diversifizierte sich Thuasne® im Bereich Sport mit einer Reihe von Stirnbändern, die unter anderem von der Tennisspielerin Suzanne Lenglen getragen wurden.

Eine Wende in Richtung Innovation und Modernisierung

Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm Jean Queneau, Ingenieur und Schwiegersohn von Maurice Thuasne, die Unternehmensleitung. Als Visionär erkannte er früh die Bedeutung der Marke. 1956 schuf Thuasne® das bekannte Logo: eine geflügelte Figur, Sinnbild für die wiedergewonnene Freiheit und Mobilität der Patienten nach einer Verletzung. Dieses Logo ist bis heute präsent und hat sich mit der Gruppe weiterentwickelt, ohne jedoch seine ursprüngliche Botschaft zu verlieren.

Jean Queneau modernisierte die Unternehmensführung und nutzte bereits in den 1970er- Jahren die ersten IT-Systeme. Thuasne® entschied sich bewusst dafür, sämtliche Technologien und alle Schritte der Wertschöpfungskette zu kontrollieren, um so die Entwicklung seiner Produkte zuverlässig sicherzustellen. Das Unternehmen investierte in elektronische Webmaschinen, durch die es neuartige Textilien herstellen und patentieren lassen und sich konsequent auf den Gesundheitssektor konzentrieren konnte. In dieser Zeit startete Thuasne® erste Programme zur industriellen Transformation und Automatisierung.

Industrielle Integration für Spitzenleistungen

1989 investierte das Unternehmen in eine Strickfabrik in Saint-Etienne. Dabei setzte es Rund- und Flachstricktechniken für die Herstellung von Socken und medizinischen Kompressionsstrümpfen ein. Das Ziel: Marktführer zu werden.

Durch die Integration dieser komplementären Technologien entwickelte das Unternehmen schnell ein umfassendes Sortiment an Medizinprodukten zur Behandlung venöser Erkrankungen, die in vielen Ländern den Anforderungen entsprachen. Mit dieser Entscheidung stärkte Thuasne® seine Position als Marktführer für Kompressionsbinden, insbesondere mit der Bandage Biflex.

Thuasne® baute dieses Wachstum 1992 mit der Einführung von Venoflex aus – einer Produktreihe von Kompressionsstrümpfen, -socken und -strumpfhosen, die heute in 58 Ländern erhältlich sind und auf dem französischen Markt als zweitgrößte gilt. 

40 Jahre weltweite Expansion und gezielte Akquisitionen


Als führendes Unternehmen in Frankreich startete Thuasne® 1984 seine internationale Expansion mit der Niederlassung in Belgien. Schnell wurde klar: Eine Öffnung hin zu Europa war nicht nur sinnvoll, sondern notwendig – als strategische Entscheidung ebenso wie als Ausdruck eines europäischen Selbstverständnisses. Konkretisiert wurde dies bereits 1991 durch die Übernahme des deutschen Unternehmens Pezet Zimmermann kurz nach der Wiedervereinigung.

Dieser erste Schritt markierte den Beginn einer rasanten Expansion. Zwischen 1990 und 1998 eröffnete Thuasne® fast im Jahresrhythmus eine Tochtergesellschaft in Europa und stärkte so seine Präsenz mit eigenem Markennamen und engagierten Teams, die sich für eine qualitativ hochwertige Versorgung einsetzten. Anfang der 2000er-Jahre entwickelte sich Thuasne® zum zweitgrößten europäischen Anbieter im Bereich Orthopädie und medizinische Kompression.

Die Internationalisierung setzte sich mit einem wichtigen Wendepunkt fort: 2010 wurde das Unternehmen Townsend in den USA übernommen, das auf maßgeschneiderte starre Orthesen spezialisiert ist, was zugleich technologischen Fortschritt und geografische Expansion bedeutete. Es folgten strategische Allianzen und die Gründung von Tochtergesellschaften in Asien, insbesondere in Indien und China.

Dieses exponentielle Wachstum, mit dem Thuasne® seine Unternehmensgröße in 30 Jahren verzehnfachen konnte, positioniert die Gruppe heute als zentralen Akteur auf dem globalen Markt für Medizinprodukte.

Innovation und Digitalisierung: der Weg in die Zukunft


2018 wurde das Thuasne® Lab eröffnet: ein Raum für digitale und technologische Innovation. Dieser Bereich entwickelt digitale Projekte und stärkt die Expertise der Gruppe im Bereich vernetzter Medizinprodukte. Kürzlich hat Thuasne® eine eigene Abteilung für Künstliche Intelligenz eingerichtet.

Zur Stärkung seiner Führungsposition ging Thuasne® strategische Partnerschaften mit Medizintechnikunternehmen wie Bionic Power ein. Durch diese Kooperationen sollen neueste Technologien integriert und robotergestützte Lösungen entwickelt werden, mit dem ständigen Fokus auf der Wiederherstellung der Mobilität und der Verbesserung der Lebensqualität der Patienten.

  • 1847

    Gründung des Unternehmens

  • 1912

    Niederlassung in Saint-Étienne

  • 1932

    Strategische Neuausrichtung auf den Medizinbereich und Anmeldung der Marken Biflex und Néoplastex

  • 1981

    Einführung der Lendenorthese Lombax

  • 1984

    Gründung der ersten Tochtergesellschaft außerhalb Frankreichs. Es folgen weitere 18 Niederlassungen weltweit.

  • 1991 und 2008

    Übernahme von Pezet Zimmermann und von Thämert in Deutschland

  • 2010

    Joint Venture mit dem Unternehmen Tynor in Indien

  • 2018

    Eröffnung des digitalen Technologiezentrums Thuasne® Lab

  • 2022

    Feierlichkeiten zum 175. Firmenjubiläum

  • 2024

    Fünfte Übernahme in den USA mit der Akquisition von Corflex Inc.

  1. Stoffbinden, die die Waden vom Knöchel bis zum Knie umwickeln